Luftballons  
22.11.20, 19:06
Geposted von Kerstin Seidel

Die Luftballons


am Brunnen im Park
fühlen federleichte Höhe,
rot, blaue Flattertiere,
vogelleicht, frei, wirbeln
wie Wolken auf Baumhöhe
bleiben harmlos hängen
an kleinen Zweigen knospen
Blütenperlen schillernde
Scherben liegen auf Wegen
wirbelt Sand auf, stochern
Obdachlose in dunkle Löcher,
schlafen unter Steinen,
schwimmen in Pfützen, im Park
tanzen Nachtschwärmer
im Mondschein schimmern
Schwebetiere clean und clever
die Frau mit Koffer packt
schlechte Nachrichten aus
kleinen, müden Augen lächeln
Träumer in bunten Bildern
hängen Luftballons an Händen
im Park neben dem Brunnen
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Trost  
15.11.20, 12:58
Geposted von Kerstin Seidel

TROST



Der Winter verscheucht Vögel
mit eisigem Atem sprechen
falsche Propheten Gebete
an kahle Äste klammern sich
gefrorene Äpfel als Model
bleibt die Sonne eine Konstante
auf meiner Netzhaut ziehen
Lichtpunkte Kreise im Schwindel
drehe ich mich um mich selbst
zum Beispiel rückwärts stelle
Hypothesen in den Schuppen
zur Sense und den alten Schuhen
als Pfand habe ich mir den Schlüssel
um den Hals gehängt zum Trost
wasche ich gefrorenen Atem
von meinem Gesicht lesen Sterne
mein Schicksal bleibt ungewiss

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MITGEFÃœHL 
14.11.20, 13:17
Geposted von Kerstin Seidel

MITGEFÃœHL



Der Boden hier ist septisch
es wachsen Kippen aus dem Sand
und aus dem Stein das Moos,
seit Monaten da bin ich skeptisch
gehe nur vorgebeugt zum Strand,
höre leises Lachen in die Fäustchen
jedes Wort zum Wurf geballt und
auf der Bank die selben Alten
und der See steht still und kalt,
alles kippt nach rechts die Bäume
sind mit Stacheldraht umspannt,
blecken fremdenfeindlich Zäune
Kinder laufen Hand in Hand
zum Abendbrot nach Haus,
seit Monaten da bin ich skeptisch
und gehe nicht mehr davon aus
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BERÃœHREN  
13.11.20, 09:05
Geposted von Kerstin Seidel
Ein Loblied auf die Berührung, die uns trotz Abstand halten, nicht abhanden kommen darf!
Lasst uns berührbar, anfassbar, verwundbar bleiben und nicht verhärten, vereinzeln, versteinern hinter Masken und Mauern. Der Umgangston wird roher, das Miteinander wird rauer.
Bleibt wachsam und berührbar!

BERÃœHREN



Zu berühren die Fingerspitzen
fühlfedrige Tentakel auf
Sehnsuchtssuche sich anreichern
mit Wohlgefühl weich und
frisch wie junge Haut es geht
voran zu Fingerkuppen sanft
streicheln glatt, alle Knorpelkanten,
alle Knöchelfugen fügen sich
Flanellfedrige Handflügelflächen
beflattern den Bauch, den Rücken
auch es kann nicht schöner sein
doch wird es besser sobald man
es versteht, dass ohne sich zu
händeln, füßeln, bauchen gar
nichts geht


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Furcht 
10.11.20, 22:02
Geposted von Kerstin Seidel

FURCHT



Sing mit anderer Stimme
der Ernüchterung das Lied
der doppelten Erde dort
einer, den du getragen hast,
hier sein Kleid abgelegt,
ein Gewebe aus Schatten,
nackt hört er die Morgendämmerung,
Geste der Vergebung, sein Maßstab
ist Sand, schlicht, schmächtig,
unsichtbar sein Gott
träumt von mir, denn entkleidet
stehe ich vor ihm und
fürchte mich
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Angst  
10.11.20, 14:47
Geposted von Kerstin Seidel

Angst



mutiert den Schutz,
hinter dem mein Mund
lächelt draußen
verfällt Regen der Nacht
entsteigen Nymphen und
Negropole werden städtisch
im Inneren bin ich
sprachlos glaube nicht das,
was unentwegt klingt sind
Wörter schnell wachsende
Weiden morsch von Innen
nach Außen gekrümmt sieh
hin, sieh mich an bis zum Grund
ehrlich gesagt, habe ich Angst,
nicht geborgen zu sein
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Verhört 
9.11.20, 10:29
Geposted von Kerstin Seidel

VERHÖRT



Sie sitzt im Garten
ihrer Gedanken und
träumt ohne Betreff
ist sie nur Blättertanz
im freien Fall
spinnt Sie ein Netz
aus Luftlinien zur
wärmenden Laubdecke

Mit geschlossenen Lidern
schafft Sie sich ein Schild
aus Wolken verwehen
Versteinerungen in ihrer
Brusthöhle wurzeln Widerhaken
ihres Denkens - wir und ich
ist eine Ankunft im Haus

Betritt Sie den Raum
hinter der Rüstung sitzt
dieses kleine Mädchen
und tröstet Puppen
zerschlissen wie
Stimmfetzen
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FREIHEIT  
4.11.20, 12:11
Geposted von Kerstin Seidel

FREIHEIT!



Ich bin kein Versch�rungstheoretiker oder um den Ausdruck, der gerade angesagt ist, zu gebrauchen, kein Schwurbler! Dennoch erkenne ich Schei�e, wenn sie vor mir liegt, zumal, wenn sie dabei zum Himmel stinkt.
Es ist schlicht nicht verst�ndlich warum die Kulturbranche geopfert wird, um angeblich, uns zu retten. Wir werden dadurch nicht gerettet, sondern ein gutes St�ck mundtot gemacht. Nat�rlich k�nnen wir K�nstler weiterhin unserer Kunst nachgehen, im privaten Rahmen, wie man eben so ein lieb gewonnenes Steckenpferd reitet. Nur aus dem Stall darf es nicht! Kunst, welche das soziale Leben zur Selbstregulation und Selbstreflektion dringend ben�tigt, ohne die jeder im stillen K�mmerlein verk�mmert, anf�llig f�r fantasielose Fanatiker und machtgeile Materialisten, diese Kunst wird kalt gestellt. Ausgeknipst, einfach so.
Das bereitet mir Bauchschmerzen! Immer, wenn man einem Volk seine kulturellen Wurzeln kappte, verk�mmerte kurz danach die Freiheit. Nach mundtot kommt hirntot. Bleibt wachsam!
#alarmstuferot
#kulturistsystemrelevant
#kultursolidarisch
#kulturerhalten
#sangundklanglos
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ALLTAG  
4.11.20, 08:28
Geposted von Kerstin Seidel

ALLTAG


Du bist da, der Weg ist da,
die Straße zur Stadt, kleine Flucht,
wolkenloses Szenario und der
Morgen sich umarmende Lichtzeichen
unter wuchtigen Gedenktafeln,
verlorene Kriege
im Grunde bist du glücklich,
sitzt im Auto mit schicken Schuhen,
die Landschaft ist still und zieht
vorbei in die falsche Richtung,
du bist da, der Baum ist da und
der Herbst ist bunt, Kinder
in orange, es regnet
Warnwesten, du glaubst
an die Grundversorgung, an
das Grundrecht, du bist ein
Wähler und bestellst
Lachsbrötchen mit Ei im
Tagebucheintrag wird stehen,
Ich war shoppen



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Zeitgeist 
1.11.20, 11:21
Geposted von Kerstin Seidel

IHR LOHN IST DER APPLAUS?



Musiker ist der erfüllendste, erfreulichste Job der Welt und Applaus lässt ihre Herzen höher schlagen, aber davon lässt sich keine Miete zahlen.
Ich weiß, das hört ihr jetzt andauernd und das ist gut so!

Denkt, doch mal drüber nach, warum gerade die Kulturbranche geopfert wird? Weil es leicht ist! Musik wurde ent-wertet. Es gibt die ganze Mediathek der Welt für 9,99€ im Monat. Was sagt uns das? Und, sind wir ehrlich, für wie Viele unter uns sind Künstler ein dubioses Pack, das faul in der Sonne liegt, Sex and Drugs and Rock’n’Roll genießt?!

Musik, gesellschaftlich deklassiert zur Motivationsmucke, zum Muntermacher, damit die Rädchen im Getriebe sich drehen. Künstler, die Aliens der Arbeiterklasse, exotisch, aber redundant. Übernehmen wir diese Haltung, oder fangen wir an zu Hinterfragen?
Wacht auf! Schönen Sonntag noch.
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