Celle Altstadt Tourismus  
12.11.23, 17:55
Geposted von Kerstin Seidel

CELLE ALTSTADT



Der Schornstein schmückt das Dach
wie ein erhobener Zeigefinger teilt
er die graue Wolkendecke zum
Murmeln um das Haus flüstern
Verstorbene und der Wetterhahn
ihre Sagen, Märchen und Gebete
fallen wie Mörtel aus den Backsteinfugen,
vor allem aber
der Klang von Glocken und Duft von Kaffee
schwebt übers Dach,
hängt in der Luft als etwas,
das schon lange lebt
inmitten leerer Fenster
steht ein blasser Mann
mit Koffern voll Einmachgläsern
und Tagebüchern und die Touristen
tragen selbst Augen und Münder
mit nach Hause
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Heimat- Bett 
9.11.23, 17:12
Geposted von Kerstin Seidel
Zyklus -Heimat:

Bett



Regenerativer Raum mehr als Möbel
dort mein Körper auf der Matratze
diese Matrix angepasst
an die Membran meiner Mitte
entspannen die Muskeln im Ruhemodus,
mäandernde Blutbahnen zentriert
im retardierenden Rhythmus des Herzens
geborgen im Futteral
aus Decken und Kissen eingesunken
in diese Bauchtasche der Stille
gefüllt mit Hitze und Haut-
Keimzelle des Schlafes
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Inmitten der Mensch  
8.11.23, 08:35
Geposted von Kerstin Seidel
Zyklus HEIMAT

INMITTEN



Du lässt das Kind von deinem Schoß
und es geht seinen Weg
in der Gestalt der Mutter
verliert sich hinter der Biegung

erstarrt die Landschaft
zum Bild,
du blätterst im Album -
Siedelsbrunn, Annweiler, Pfingstweide,
die Lichtungen des Lebens,

wie groß ist die Freude
wenn sich die Jahre wenden
zur Erde werden, ein Garten grünt
neue Gedanken golden und ganz
sammelt sich der Mensch in der Mitte
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Flüchtling 
4.11.23, 08:24
Geposted von Kerstin Seidel
Zyklus -Heimat:

FLÜCHTLING



Mir wurden zwei Hände
zum Darreichen geboren,
Haut, die zu Staub zerfällt,
wenn sie sich darreichen muss
an der Stelle, wo das Herzklopfen
vorgesehen war diese wortlose Sprache
erstirbt in den Winden - wie viele
Heimatländer spielen ihre Karten
ins unbekannte Asyl mit dem Atem
der inneren Rede,
durch die Klagemauer der Luft
zieht die geistige Himmelfahrt
aus schneidendem Schmerz, o Seele
verzeih, dass ich dich führte zu so
vielen Herden der Unruhe
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Am Abzug  
31.10.23, 09:06
Geposted von Kerstin Seidel
Zyklus- Heimat

AM ABZUG



Dein Körper nesselt sich
als Leinwand, du malst dich krumm,
deine Haltung ähnelt dem Fluss,
der Kopf sitzt schief,
eine Halde für Humus,
es gedeihen Panzer und Palisaden,
dein Herz ist amputiertes Gebiet
flächendeckend vermint gegen
das Gedächtnis reicht zurück
bis zu deiner Geburt - Du,
eine Maschine, deren Tentakel
das Denken tötet
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Klarheit  
29.10.23, 10:04
Geposted von Kerstin Seidel
Zyklus- Heimat

KLARHEIT



In der Weite wunderbarem Blau,
wo das Silbern der Buchen wandert
mit himmelerklimmenden Wurzelbeinen,
wird die Hoffnung destilliert
für Alle, die im Tal leben

Die Sonne liegt am Straßenrand
mit Stoppuhr und gebietet
den Eilenden Einhalt

Die bleiben stehen
hinter der gläsernen Klagemauer
während das Kind zart kratzt
am Unsichtbaren

und der Fels seinen Stein
tanzend in Klang verwandelt
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Langstreckenläuferin 
18.10.23, 09:56
Geposted von Kerstin Seidel

Langstreckenläuferin



sie läuft
gegen die Zeit und für sich gewinnt
Gewissheit zuckt in ihrer Hand
neuer Weg endlos
am Strahlen einer Ferne aufgehängt
die Sterne lügen nicht-
alles Leuchten lebt in ihren Augen
wie schlafende Melodien schlägt ihr Herz
ruhig und stetiges Staunen hauchen
Worte der Luft Leben ein,
geheimnisentbundene Gedanken
lösen Grenzen frei fallen die Schleier
- nackte Wahrheit, fliegende Frau
- ein reines Weiß auf Erden
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MEER  
14.10.23, 08:58
Geposted von Kerstin Seidel

MEER



Mein Auge ist müd,
farbenblinde Flecken zerfleddern
die Sicht,
eine verwunschene Strecke
aus Jahren ist mein Gesicht -
Felder, in denen ich schlief
der Wind zerfurcht Wiesen
unter meinen Füßen reibt sich die Erde wund
steht das Weltall still und schwarz
alles ist außer sich,
ein Stausee, in dem geflutete Dörfer nachts leuchten,
nur meine Haut hält mich zusammen,
in meinen Blutbahnen rüstet das Rot
unmerklich zieht mich ein Fluss zum fernen Meer
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Atmen  
7.10.23, 09:40
Geposted von Kerstin Seidel

ATMEN



Im verhausten Blick
verbarg sich ihr Weg über
Sumpf und Stein, das
Gleichgewicht der schweren Schritte
und dennoch war sie Schöpferin,
sich ein Gerüst bauend
aus Schmerz und Schönheit,
das Immerwährende vor Augen
hisste sie weiße Flaggen, sie,
die ewig Einatmende träumte
vom Sein unter der Oberfläche
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Deine Augen  
3.10.23, 11:52
Geposted von Kerstin Seidel

DEINE AUGEN



Das Licht war uraltes Kristall
mit Tropfen aus glitzerndem Tau
seit der Schöpfung eingeschlossen
im Grau und Grün deiner Augen
dort wo die Zeit heimisch wurde
im Moment Lapis und Bernstein
schimmernde Schönheit als die
Steine noch weich waren und die
Blumen ungesät blühten unter
unsichtbaren Gestirnen verschont
von den Versprechen der Scherbensammler
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